Boy

Ihren Stil, so sagten Valeska Steiner und Sonja Glass vor nicht allzu langer Zeit, könne man beschreiben als „Mischung aus der rockenden Eleganz von Phoenix, der quirligen Musikalität von Feist und der emotionalen Tiefe eines Bon Iver." Das war 2010, als die beiden Musikerinnen gerade ihr Projekt „Boy“ aus der Taufe gehoben hatten und damit ganz ironisch die gute, alte Boy-Band zum Frauen-Duo umdeuteten. Blickt man zurück, klingt es noch immer ein wenig surreal, aber wunderschön: Damals trafen sich die schweizerische Sängerin Valeska Steiner und die deutsche Musikerin Sonja Glass in Hamburg, nach einigen durchaus mühsamen Jahren der Arbeit in verschiedensten Formationen und Musikzusammenhängen. Offensichtlich griff hier die alte Weisheit von der anderen Hälfte, die man braucht, um selbst komplett zu werden. Boy jedenfalls wurde sehr schnell komplett, eigentlich als Trio, denn Produzent Philipp Steinke gehört in jedem Fall mit zur Boy-Geschichte. In seinem Berliner Studio spielten Steiner und Glass nahezu alle Instrumente für das Debüt-Album „Mutual Friends“ selbst ein, und auch für den aktuellen Nachfolger „We were here“ saß er 2015 wieder auf dem Produzentenstuhl.

Heute ist es umgekehrt: Boy müssen sich nicht mehr mit Phoenix oder Bon Iver vergleichen, stattdessen beschreiben sich viele junge Bands als „wie Boy klingend“, und Steiner und Glass sind als Vorbild in zahlreichen Proberäumen präsent. Ihnen ist mit nur einem Album gelungen, wovon Musiker allerorten träumen: ihren eigenen, unverwechselbaren Sound zu kreieren, den Boy-Sound eben. Komplexer, hymnischer, dunkel funkelnder Pop, getragen von akzentuierten Rhythmen und Synthies, jedoch niemals ins simple 1980er-Retro-Fach abgleitend. Für den instrumentalen Part ist Sonja Glass zuständig. Darüber legt Valeska Steiner einen überaus markanten, kühl vibrierenden Gesang, den man schon nach wenigen Sekunden eindeutig wiedererkennt. Klar, dass sich sofort nach Erscheinen des Debüts 2011 zahllose Firmen auf das Duo stürzten, um diesen prägnanten Klang für ihre Werbung zu nutzen. Klar, dass sich die Musikmagazine um Interviews mit den Sängerinnen balgten, und klar auch, dass Boy bald rund um die Welt erklang, von einer ausverkauften USA-Tour 2013 bis hin zu Platz vier in den japanischen Hitlisten im selben Jahr. Nicht zu vergessen: der Auftritt auf der Arenabühne 2012.

Doch Boy sind eben Hamburger – und Hamburger kann wenig erschüttern. So blieben Steiner und Glass selbst in der größten Flut hanseatisch ruhig und tranken erst einmal einen metaphorischen Tee, beziehungsweise: nahmen eine Auszeit. Nach zwei Jahren fast ohne Konzerte, mit vielen Reisen und Inspirationstouren in hinterletzte Weltecken, entstand das zweite Album „We were here“. Auf diesem zeigen Boy die andere Seite des hanseatischen Wesens: Wehe, wenn sie auftauen! Dann bricht sich ein energiegeladener, sprühender, dunkel leuchtender Strom seine Bahn und die Zuhörer sind um einige ohrwurmige Song-Preziosen reicher.

Support: Husky

Mit einem zweiten Doppelpack bekommen die Mädels Verstärkung von der aus Melbourne stammenden Band Husky um Mastermind Husky Gawenda. Die Jungs wurden bereits mit Musikgrößen wie Paul Simon und den Beach Boys über Crosby, Still, Nash and Young bis hin zu den Fleet Foxes oder Everly Brothers verglichen.
Husky hat einen ganz besonderen Sound, den so nur sie kreieren können. Dieses fast klassische Songwriting von jemandem, mit einem feinen Gespür für Lyrics. Ihr neues Album Ruckers Hill ist anspruchsvoll, das – wie erwartet – fein und zart klingt. Das eine liebenswerte Einfachheit und ein Gespür für Spaß hat, dennoch oft komplex und sehr, sehr musikalisch ist. Aber mit Songs, die mit weniger Details belastet sind und mehr im Moment leben, wie Husky Gawenda meint.

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